Ein kybernetisches Modell über die Wirkung restriktiver Umweltstimulation
In der relative kurzen Geschichte der Forschung über sensorische Restriktion hat sich das Feld von der Wehklage des „Viele Fakten und wenig Theorien“ (Vernon 1963) weiterentwickelt zu einer Fülle diverser theoretischer Modelle die versuchten, der Verschiedenheit der Phänomene, die durch die Techniken restriktiver Umweltstimulation hervorgerufen werden, Rechnung zu tragen (REST). Ein früher Versuch, einen theoretischen Rahmen zu schaffen, stellte Schultz (1965) neurophysiologisches Basiskonzept der Sensoristatik dar, und der erste große Überblick über dieses Gebiet (Zubek, 1969) beinhaltete zwei wichtige Kapitel über theoretische Entwicklungen, von denen das eine die neurophysiologische Perspektive hervorhob (Zuckerman, 1969) und das andere sich auf die kognitiven Basisbegründungen konzentrierte (Suedfeld, 1969), eine Dichotomie wurde ebenso in Suedfelds (1980) Überblick über dieses Gebiet zurückgehalten. Eine neue Monographie, die die REST Phänomene, wie sie durch Flotation (Hutchison, 1984) hervorgerufen werden, focussiert, enthält dreizehn Kapitel mit verschiedenen theoretischen Erklärungen; und während die meisten davon auch in physiologische und kognitive Kategorien eingeordnet werden können, beziehen sich einige auch auf evolutionäre Prinzipien um bestimmte REST Effekte zu erklären. Warum sollte man bei dieser Fülle theoretischer Modelle auf eine allgemeine Systemtheorie blicken, um ein weiteres Modell anzuregen? Zuerst, und das ist wohl das wichtigste, wäre es wünschenswert, eine theoretische Orientierung zu haben, die, zumindest im Prinzip, geeignet ist, nicht nur die große Verschiedenheit der REST Effekte zu erklären, sondern ebenso in der Lage ist, die Breite der spezifischeren theoretischen Methoden, die vorgeschlagen wurden, zu beherbergen. Als zweites ist es meine Meinung, daß die Methode der kybernetischen Form, wie sie von der allgemeinen Systemtheorie abgeleitet wurde, ideal dafür geeignet ist, die Wissenschaftler dazu zu zwingen, sorgfältig zu analysieren, wie die aktuellen Anpassungsleistungen eines Organismus sind, während er REST ausgesetzt ist, in dem Sinne, was aus der Sicht des Organismus‘ zu deren Durchführung geschaffen wird, eine Methode, die über die empirischen Daten hinauszugehen scheint und die Identifikation struktureller Komponenten in die Herstellung REST Effekte mit einbezieht. Letztlich gibt es einen fundamentalen philosophischen Grund, eine kybernetische Perspektive zum Verstehen der REST Effekte zu vermuten, ein Grund, der von der Annahme herleitet, daß unsere Erfahrung und unser Weltverständnis auf einem internalen Realitätsmodell basiert, das aufgebaut und hergeleitet wird von der Information, die wir von der Welt via unserer sensorischen Erfahrung gewinnen.
Obwohl dies nicht der richtige Ort ist, diese Angelegenheit näher auszuführen sei kurz erwähnt, daß es von der Philosophie von Berkeley, Hume und Kant herrührt und auch durch Helmholtz verfochten wurde, der zu dieser Einsicht nicht durch einen philosophischen Grundsatz gelangte, sondern von der empirischen Überlegung, daß wir niemals per se Objekten oder Ereignissen bewußt sind, sondern sie nur indirekt durch die Aktivitäten unseres Nervensystems kennen. Sowohl für die philosophischen als auch die empirischen Argumente ist die Schlußfolgerung identisch, nämlich, daß wir in unseren Sinnen (vom philosophisch-kognitivem Standpunkt) oder in unserem zentralen Nervensystem (vom empirisch-physiologischen Standpunkt) ein Modell der Welt konstruieren, welches uns zur Orientierung, Reaktion und Interaktion mit der Welt dient. Was REST so relevant für diese Methode macht (und umgekehrt) ist, daß REST den normalen Fluß des sensorischen Inputs effektiv reduziert oder ändert, der nötig ist, an erster Stelle,
um unser Weltmodell zu konstruieren, und ebenso dient die Funktion der kontinuierlichen Beobachtung und/oder Regulierung dieses Modells dazu, eine enge Korrespondenz zwischen Modell und Welt zu erreichen.
Der grundlegendste Typ eines kybernetischen Modells wurde von Wiener (1948) in Form eines „single loop“ Kontroll Systems angeregt, das fünf Variablen enthält
(Abb. 1)
xi + e +————-+
———-> ———–>| K +—–+
+————-+ |
| – |
| |
xo +———————————-+
Idealisiertes Einzel-Schleifen Kontroll-System
Xi = ein Referenz- oder Kommando-Signal
Xo = ein Feedback- oder Input-Signal
e = ein Error- oder Output-Signal
0 = ein Komparator (von Xi und Xo)
K = eine Kontrollgröße
Ziel eines solchen Kontrollsystems ist, die Variable K als einen gegebenen Wert zu nehmen, ein Wert, der bestimmt wird durch das Referenz-Signal Xi. Demzufolge produziert das System in einer idealen Situation, wo Xi = Xo (i.e. Xi – Xo = =) kein Error-Signal und wird als stabil bezeichnet. Die Gleichung Xi – Xo wird durch den Komparator konstant überwacht, und immer wenn Xi – Xo = 0, nimmt e einen positiven oder negativen Wert an und reagiert auf die kontrollierte Größe K in der Weise, als es das Feedback-Signal reduziert oder erhöht, um sie wieder an den Wert des Referenz-
Signals anzunähern. Wenn wir die Anordnung von Wieners Basismodell rekonstruieren und die Terme mehr kongenial zum lebenden Organismus substituieren, erhalten wir das kybernetische Kontroll-System aus Abb. 2.
| Referenz-
| signal r
|
+—-+—–+
+—————+ Compara- +——————+
| | tor(p-r) | |
| Perceptual- +———-+ | Error-
| Signal p | Signal e
| |
+—–+—-+ +—-+—–+
| Input | | Output |
| Funktion | S y s t e m | Funktion |
| | | |
+———-+ – – – – – – – – – – – – – – – – – | – – – – -|- –
Proximal- | Systems |
Physikal. U m g e b u n g | Handlung |
| Stimuli | auf K |
| +———-+
| Proximale
| Ergebnisse
| Physikal. |
| Gesetze |
| +—————+ | Physikal.
+————+ Kontrollierte +—————-+ Gesetze
| Größe (K) |
+——-+——-+
|
| +————-+
+——————-+ Ursache für |
| Störungen |
+————-+
Abb. 2 Kybernetisches Kontrollsystem und seine Interaktion mit einem Umfeld. Bearbeitet von Powers, 1973
Das Wesen der p und e Signale ist in den meisten kybernetischen Systemen leicht festzustellen, während Quelle und Wert des Referenz Signals (r oder Xi) etwas obskur sind. In mechanischen Systemen wird r normalerweise als gegebener Wert festgesetzt, e.g. ein Thermostat in einem klimatisierten Raum. In lebenden Systemen unterscheiden wir im allgemeinen drei Arten von Referenz-Signalen in hierarchischer Ordnung:
a) Genetisch: hervorgerufen durch DNS, RNS
c) Erworben: hervorgerufen durch Erfahrung
Alle drei Arten rufen r Werte hervor, die zu einem gegebenen Zeitpunkt und für einen gegebenen Zustand des Organismus‘ für spezifische Zwecke geeignet sind. Die genetischen r Signale müssen als mehr oder weniger fest angesehen werden, i.e. nur als Gegenstand zur Veränderung unter höchst ungewöhnlichen (abnormen) Bedingungen (e.g. Röntgenstrahlen), die intrinsischen r Signale sind innerhalb bestimmter Grenzen flexibel und erworbene r-Werte weisen die größte Flexibilität auf. Aus der Sicht der REST Effekte besitzen die intrinsischen und die erworbenen r Signale die größte Flexibilität, da die Anstrengungen des Organismus als Reaktion auf reduzierte Stimulation leicht als Versuche gesehen werden können, die Gleichung p = r auf die eine oder andere Weise wiederherzustellen.
|
|
+——+————-+
| |
| |
+—–>| COMPARATOR |<—–+
| p | | p |
| | mit Modell von „K“ | |
| +———+———-+ |
| | e |
| | |
| | r |
| p +——+——-+ e |
+——–>| COMPARATOR +——–>|
| +————–+ |
| |
– – – – | – – – – – – – – – – – – – – – – -|- – – – – –
| p +—–+ |
+————-+ K |<————-+
+—–+
Abb. 3 Ein Kontroll-System mit einem internalen Modell der kontrollierten Größe K
Bevor wir in ein spezifisches Beispiel gehen, müssen wir zwei weitere Punkte in die Überlegung mit einbeziehen. Zum einen ist die Betrachtung des Organismus als ein einzelnes kybernetisches Kontrollsystem im Ganzen zu simpel. Lieber beschäftigen wir uns mit einer Hierarchie sowohl von horizontalen als auch vertikalen subkontrollierenden Verbundsystemen, wo die e Signale von einem diese Subkontoll-Systeme zum p oder r Signal der anderen Subsysteme wird. Zum zweiten sind die wirksamsten Formen von Kontrollsystemen die, die eine Kontrollgröße K als Teil ihres Systems besitzen, ein Arrangement, das zu einem optimalen Funktionieren eines solchen Systems führt. Abb. 3 ist ein Beispiel für ein solches System.
Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt bei der Eingliederung eines Musters von K in das System ist, daß das Modell verschiedene Parameter annehmen kann als eine Funktion von anderen Kontrollsystemen, i.e. es kann eine flexible Komponente darstellen. Die meisten Kontrollsysteme arbeiten nach dem Prinzip des negativen Feedback, dessen Ziel es ist, das System auf einen gegebenen konstanten Wert zu stabilisieren. Somit sind diese Arten von Systemen inhärent unfähig, mit einem positivem Feedback in Verbindung zu treten, i.e. wo das e Signal (via K) immer größere Werte des p Signal hervorruft. Einige Arten von Kontroll-Leitungsschleifen sind jedoch anfällig für positiven Feedback indem diese Art des positiven Feedbacks zu einer Regulierung in der Kontroll-Schleife führt und man hier auf das Modell verweisen kann, innerhalb des Systems, als die Komponente, die auf das positive Feedback reagiert, indem es seine Parameter verändert.
Die oben angeführten Überlegungen wurden von technischen Systemen abgeleitet, und obwohl ähnliche oder analoge Kontroll-Schleifen in Organismen mit nervösen Systemen existieren, taucht in der gegenwärtigen Diskussion ein interessanter Fall auf, wo das Modell nicht nur ein Modell der Kontroll-Größe ist, sondern auch eine zweite Vergleichsgröße, die einige andere wichtige Funktionen ihres eigenen Systems beobachtet, integriert und reguliert. Ein spezifisches Beispiel, das in diese Kategorie fallen würde, ist die Regulierung der sensorischen Schwellen eines Organismus, der sensorischer Restriktion ausgesetzt ist. Indem man es dem Konzept des „optimalen Levels an Stimulation“ zuordnet, setzt das Referenz-Signal „ro“ einen bestimmten Wert fest, so daß die daraus folgenden Wechselwirkungen aufgezeigt werden als:
Die folgenden Interaktionen treten auf aus den Verbindungen aus Abb. 4.
a) Sensorische Signale (P) gehen in kortikale und subkortikale Bereiche, in diesem Fall die retikulare Struktur.
b) Die kontrollierte Größe (K1) ist die Menge afferenter neuraler Erregung, die weitergegeben wird zu höherrangigen Neuronen von niederrangigeren Neuronen. Normalerweise wird diese Menge unterhalb der maximalen Übertragungskapazität gehalten durch tonische Inhibition (sensorischen Durchlaß), ausgeführt durch efferente Nervenimpulse.
OPTIMALER STIMULATIONSLEVEL
|
| r(o)
|
+————+————+
+————->| COMPARATOR MIT MODELL |<—+
| p(c) | (kortikale Bereiche) | p |
| +————+————+ |
| | e |
| | |
| | |
| +————+———-+ |(ARAS)
+————->| RETIKULARE STRUKTUR | |
| p(RF) +————+———-+ |
| | |
| | |
+——–+———+ | e(A) |
| K1 SENSORISCHER |<—————-+—————–+
| DURCHLASS | e(l)
– -+——–+———+- – – – – — – – – – – – – – – – – – – – –
|
|
| +—————————–+
+————-+ K2 SENSORISCHE RESTRIKTION |
+—————————–+
Abb. 4 Ein kybernetisches Modell des sensorischen Durchlasses
c) Die Menge afferenter Signale, die nicht tonischer Inhibition unterworfen ist, wird reguliert durch den aufkommenden Status (Bedürfnisse) relevanter kortikaler Prozesse (ro).
d) Jede Ungleichheit von P(c) oder r(o) führt zu einer Veränderung im Differenzsignal rRF für die retikulare Struktur, die zu folgendem führt:
1) zu einer Veränderung des Wertes des Error-Signals e(i), normalerweise (im Falle sensorischer Restriktion) ein negativer Wert, der der Reihe nach die Menge tonischer Inhibition des sensorischen Durchlasses senkt und
2) zu einem Wechsel des Wertes von e(a), dessen Weg als zugehörig zum ARAS gesehen werden kann, der zu einem Anstieg der aufkommenden Signale in kortikalen Bereichen führt, um einen Ausgleich für den Input zu gewähren, der gewöhnlich via klassischer sensorischer Wege (p) empfangen wird.
Diese Beziehungen können in formaler Art und Weise angegeben werden und als mathematische Formel berechnet werden.
Wenn man eine lineare Annäherung annimmt, lassen sich die folgenden Gleichungen ableiten:
1. e = r – p
2. p 0 Ke
3. p = K(r – p)
4. p = Kr
1 + K
Für Systeme mit mehr als einer kontrollierten Größe erweitert sich die Gleichung (4), um die verschiedenen Werte von K einzugliedern.
Sind 2 k Variablen von Interesse, kann die Gleichung (4) geschrieben werden (in vereinfachter Form) als:
5. p = K1r
1 + K2
Wenn K2 eine gegebene Zeiteinheit repräsentiert, stellt der Wert von p den Gewinn der el. Leitungsschleife des Systems pro Zeiteinheit dar, und Gleichung (5) erzeugt eine negative Beschleunigungskurve, die sich nach einer vorgegebenen Zeit auf einem asymptotischen Level stabilisiert.
Nun passen diese Funktionen sehr gut mit den empirischen Ergebnissen über die Wirkung sensorischer Restriktion auf Veränderung in der sensorischen Sensitivität zusammen. Wir ziehen einige Daten von Bross und Zubek (1975) heran über die Effekte von 14 Tagen auditorischer Restriktion (Ruhe) auf die kritische Flimmer-Frequenz (CFF) auf das Auge und lassen K2 während der Tage der auditorischen Restriktion gleich sein, setzen K1 auf die optimale Effizienz zur Durchführung (i.e. a hat einen Wert von 1,0), und r als eine ad hoc Annäherung von 2,0 und können die Steigerung zwischen beobachteter und vorausgesagter Funktion in Abb. 5 sehen.
Im Prinzip kann man sich von spezifischen Subsystemen, die die Vielfalt von Funktionen eines lebenden Organismus beinhalten, zu einer Sichtweise bewegen, die den Organismus als einzelnes kybernetisches System betrachtet, durch Focussierung höherer Kontrollfunktionen, die der Organismus durchführt. Zum Beispiel als Haupt-Kontrollschleife muß der Versuch des Organismus angesehen werden, eine stabiles Weltbild zu erzeugen und aufrecht zu erhalten, wo die kollektiven Wahrnehmungssignale konstant dazu benutzt werden, die Korrektheit oder Validität dieses Modells zu überprüfen. Wie in der Einführung kurz angedeutet wurde, gibt die Art, wie wir Informationen über die Welt verarbeiten deutlich wieder, daß wir die Welt in dieser induktiven Art und Weise erfahren. Für diesen Fall kann eine kybernetische Annäherung an REST Effekte einige interessante, testbare Voraussagen bringen.
Angenommen, daß die Rolle der sensorischen/perzeptualen Signale entscheidend ist für die Aufrechterhaltung eines solchen Modells, dann würde die kontrollierte Größe r nicht nur aus dem Gesamtbetrag von p bestehen, die vom Individuum erreicht werden kann, sondern ebenso aus der Art von Information, die bevorzugt (angewendet) wird vor anderen Arten von Information. Des weiteren sollte man erwarten, daß bestimmte Arten von Information, die nor
malerweise nicht beachtet oder nur peripher herangezogen werden, nun in größerem Ausmaß benutzt werden. Auf der Basis dieser Überlegungen können die beiden folgenden Voraussagen gemacht werden:
+——————————————————+
| -|5
C 44,5 |- |
F | -|4
F 44,0 |- |p
| -|3
B 43,5 |- |
l | -|2
i 43,0 |- p = K1 r |
t | l x K2 -|1
z 42,5 |- |
e |- – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – |0
/ 42,0 |- |
S | |
e +–+—+—+—+—+—+—+—+—+—+—+—+—+—+
k 0 1 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
T A G E
Veränderungen im CCF während 14 Tagen auditorischer Deprivation
Abb. 5 Empirische und theoretische Kurve des Schleifen-Durchlaß im CCF. Nach Bross und Zubek, 1975
Nimmt man zwei Arten von Informationen an, bezüglich der Welt normalerweise beide wichtig für das Individuum, wird ein Individuum, das sensorischer Restriktion ausgesetzt ist, es vorziehen, den Typus an Information zu erhalten, der zum Bestand eines stabilen Weltmodells beiträgt.
Zum Beispiel dürfte jemand, der ein treuer Baseball-Fan ist und weite Strecken dafür geht, Informationen über die Wochenendergebnisse und Statistiken der Baseball-Spiele zu erhalten, andere Arten von Information bevorzugen, wenn er strenger sensorischer Restriktion ausgesetzt ist, e.g. verbale Anweisungen über die Gestaltung seines/ihres aktuellen physikalischen Umfeldes, weder Berichte, allgemeine oder lokale Neuigkeiten.
Dieses Beispiel ist etwas allgemein und bedarf genauerer Spezifikation bezüglich der involvierten Variablen, wie Länge der SR, Art der SR usw., aber dies kann leicht durch spezifische Situationen durchgeführt werden.
Ein zweites Beispiel, wo eine interessante und ebenso einzigartige Voraussage aus dem kybernetischen Modell der REST abgeleitet werden kann, liegt im Bereich der Adaption im Level der perzeptualen Umgebung. Angenommen, daß eine sensorische Reduktion einen signifikanten Anstieg der Fähigkeit eines Individuums nach sich zieht, die Validität oder Korrektheit eines/ihres Weltbildes zu kontrollieren, dürfte daraus folgen, daß es ebenfalls einen Anstieg der Wahrscheinlichkeit für die Erwartung eines Individuums gibt, daß das Modell, das während der sensorischen Restriktion einsatzfähig ist, denselben Grad an Validität nach deren Beendigung hat. Angenommen, daß die Überprüfung und Angleichung des Weltbildes hohe Priorität in der Hierarchie des Kontrollsystems hat, würde die logische Folgerung sein, daß jeder experimentell erzeugte Fehlleistung sensorischen Feedbacks und das Modell
folgender sensorischer Restriktion zu einer schnelleren Adaption (und Regulierung des Modells) durch das Individuum führen würde als bei jemandem, der nicht sensorischer Restriktion ausgesetzt wurde, weil letzterer nicht die Aussichten hatte bezüglich der Korrektheit seines/ihres reduzierten Weltbildes. Ein direkter Weg, diese Annahmen zu berechnen könnte sein, sie mittels des Verfahrens der optischen Neuordnung (Held und Hein, 1958; Kohlers, 1964; Welch 1978) zu testen. Durch Umstellung des visuellen Feldes durch verzerrende Prismen und Bewertung der Geschwindigkeit, mit der ein Individuum sein/ihr visu-motorisches Verhalten adaptiert, kann vorausgesagt werden, daß Individuen, die sensorischer Restriktion ausgesetzt sind, wesentlich schneller adaptieren als Individuen, die es nicht sind.
Zusätzlich zu den erzielten Voraussagen ist eine kybernetische Annäherung an REST, wie sie von der allgemeinen Systemtheorie bezogen wird, gut geeignet, eine große Anzahl der verschiedenen theoretischen Erklärungen aufzunehmen oder zu ergänzen, die durch die REST Effekte angeboten wurden. So können die Konzepte der Empfindungsfähigkeit, des optimalen Stimulationslevels und Stimulushungers leicht in die in diesem Bericht umrissenen Methoden aufgenommen werden. Erklärungen wie MacLeans (1973) dreieingiges Gehirn und Budzynskis (1983, siehe dieses Buch) Modell der hemispherischen Lateralisation würden den Fall repräsentieren, wo spezifisch strukturierte Gehirnareale Orten des Kontrollsystems mit unterschiedlichen funktionalen Zwecken zugewiesen sind. Auch kognitive Modelle der REST Effekte können von einer kybernetischen Perspektive her ausgestattet sein, z.B. repräsentiert das Konzept des Unfreezing (Suedfeld, 1980) einen Fall, wo das Referenz-Signal für ein besonderes Kontrollsystem signifikant verändert wurde. Ein Merkmal der kognitiven Modelle, das von besonderem Interesse ist, ist, daß sie mehr geeignet sind „Software“ als „Hardware“ Kontrollsysteme zu repräsentieren, ein Merkmal, das sie leichter verantwortlich macht für Veränderungen und Anpassungen. Der bedeutendste Hinweis auf die fördernde Wirkung von REST auf Verhaltensänderungen, Veränderungen des Selbstbewußtseins etc. kann abgeleitet werden aus der Bestätigung dieser Ansicht.
Die hier aufgeführten Argumente präsentieren natürlich keine erschöpfende Analyse über die Existenzfähigkeit der kybernetischen Theorie über REST. Die spezifische Tragfähigkeit einer solchen Methode muß in wesentlich detaillierteren Test herausgearbeitet werden und empirischen Tests unterworfen werden. Was diese Methode verspricht, zusätzlich dazu, daß sie einen einheitlicheren Blick der REST Phänomene präsentiert, ist, daß sie zu einer Perspektive führt, die den Untersucher dazu ermächtigt, die Referenzsignale zu identifizieren, den Level an Kontrolle und die kontrollierten Größen, durch die wir unser Alltagsverhalten und Erwartungen bezüglich der Welt aufrecht erhalten, ebenso wie unsere Versuche, dieses Verhalten und die Erwartungen zu ändern.
REFERENZEN
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Budzynski, T.H. Biofeedback an the twilight states of consciousness. In: Schwartz, G.E. & Shapiro, D. (Eds.) Consciousness and Self-Regulation: Advances in research, IV New York, NY: Plenum, 1976
Held, R. & Hein, A. Adaption of disarranges hand-eye coordination contingent upon reafferent stimulation. Perceptual and Motor Skills, 1958, 8, 87-90
Hutchison, M. The Book of Floating. New York, NY: Morrow & Co., Inc., 1984
Kohler, I. The formation and transformation of the perceptual world. Psychological Issues, 1964, 3
MacLean, P.D. The tribune brain, emotion and scientific bias. In: Schmitt, F.O. (Ed.) The Neurosciences. New York, NY: Rockefeller University, 1970, 336-348.
Powers, W.T. Behaviour: The Control of Perception. Chicago, IL: Aldine, 1973
Schultz, D.P. Sensory Restriction. New York, NY: Academic Press, 1965
Suedfeld, P. Theoretical formulations: II. In: Zubek, J.P. (ed.) Sensory Deprivation: Fifteen Years of Research. New York,Appleton-Century-Crofts, 1969, 433-448
Suedfeld, P. Restricted Environmental Stimulation: Research and Clinical Applications. New York, NY: John Wiley and Sons, 1980
Vernon, J. Inside the Black Room. New York, NY: Clarkson, 1963
Welch, R.B. Perceptual Modification: Adaption to Altered Sensory Environments. New York, NY: Academic Press, 1978
Wiener, N. Cybernetics. New York, NY: Wiley & Sons, 1948
Zubek, J.P. (Ed.) Sensory Deprivation: Fifteen Years of Research. New York, NY: Appleton-Century-Crofts, 1969